Vergebung fällt vielen häufig schwer, aber vielleicht hilft der folgende Gedanke:
Wenn wir nicht vergeben können, bleiben wir nachtragend. Jemanden etwas nachtragen im bildlichen Sinne heißt dass ich mich immer in dessen Windschatten befinde und an diese Person binde – ich laufe ihr förmlich hinterher und sie lenkt mich und bestimmt meine Richtung. Man könnte auch sagen, diese Person kann mit meiner Erlaubnis mein Wohlbefinden bestimmen. Das tut uns nicht gut und wer will das schon? Durch die mangelnde Bereitschaft zu vergeben, ketten wir uns jedoch paradoxerweise noch mehr an diesen Menschen. So betrachtet scheint Vergebung nicht nur gnädig zu sein, sondern wir befreien uns regelrecht indem wir die Bindung der Unvergebenheit konsequent kappen.
Was Vergebung nicht ist
Vergebung kann von niemandem gefordert werden. Sie erfolgt ausschließlich nach freier Entscheidung der Person in Opferposition. Die Bitte eines Täters um Vergebung ist in aller Regel hilfreich. Vergebung bedeutet nicht:
· Vergessen − Die Verletzung wird nicht mehr erinnert.
· Nachsicht − Die Verantwortlichkeit des Täters wird relativiert.
· Akzeptanz − Die Verletzung bzw. deren Folgen werden akzeptiert.
· Billigung − Die Person in Opferposition äußert Zustimmung oder Einwilligung.
· Begnadigung − Eine vorgesehene/angedachte Strafe wird dem Täter erlassen.
· Verleugnung − Unvermögen bzw. mangelnder Wille, eine Verletzung als solche wahrzunehmen.
· Rechtfertigung − Die verletzende Handlung wird im Nachhinein durch Argumente gerechtfertigt.
Vergeben und Verzeihen sind nicht gleich Versöhnung. Versöhnung bedeutet zusätzlich zur Verzeihung, dass beide Seiten unbelastet von der Verletzung die vorbestehende Beziehung fortsetzen wollen. Nach der Vergebung kann eine Beziehung auch beendet werden; d. h. es kommt zu keiner Versöhnung, jedoch wird nichts nachgetragen. Eine Versöhnung ist nur sinnvoll, wenn der Täter Reue zeigt und Wiedergutmachung leistet. „Versöhnung fordert, dass die Parteien ihr Vertrauen zueinander erneuern.“ Bei Vergewaltigung oder physischer bzw. emotionaler Gewalt (z. B. in der Partnerschaft) kann das Opfer sich zur Vergebung entschließen. „Wenn der Täter (jedoch) keinerlei Reue zeigt und sich nicht ändert, ist Versöhnung ausgeschlossen
Vergebung ist ein langer Weg und Prozess.
Vergebung in der Familienaufstellung
….und was Du mir angetan hast, das verzeihe ich dir nicht….
– als besonderes Mittel, die Schwere der erfahrenen Verletzung zu hervorzuholen – JA
– Als Standard-Satz – NEIN
– Besser fände ich … das vergesse ich nicht
Ich vergebe mir, dass ich (noch) nicht vergeben kann…